Wenn Fürsorge in die Armutsfalle führt
Pflegende Angehörige sind das Rückgrat unseres Pflegesystems. Ohne sie würde die Versorgung in Deutschland zusammenbrechen. Doch wer pflegt, trägt oft nicht nur eine körperliche und seelische Last, sondern auch ein hohes finanzielles Risiko. Immer mehr Familien rutschen durch die Pflege in die Armut.
Wenn Einkommen wegbricht
Viele Angehörige müssen ihre Arbeitszeit reduzieren oder den Job ganz aufgeben, um die Pflege leisten zu können. Damit fehlen nicht nur aktuelle Einkommen, sondern auch Beiträge für die Rentenversicherung. Das Ergebnis: drohende Altersarmut.
Steigende Kosten, schwindende Reserven
Gleichzeitig steigen die Eigenanteile in der Pflege rapide. Heimplätze sind teuer, ambulante Dienste kosten viel Geld – und oft reicht die Pflegeversicherung nicht aus. Viele Familien müssen ihre Ersparnisse aufbrauchen, verkaufen Eigentum oder nehmen Kredite auf. Am Ende bleibt häufig nur der Weg zur Sozialhilfe („Hilfe zur Pflege“ nach SGB XII).
Zahlen, die alarmieren
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Bundesweit erhalten rund 40 % der Heimbewohner*innen Sozialhilfe zur Deckung der Pflegekosten.
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Auch zu Hause rutschen Betroffene in die Armut: In NRW liegt der Anteil der Pflegebedürftigen mit Sozialhilfe bei 9 %.
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Die Belastung ist besonders hoch, wenn mehrere Generationen betroffen sind – etwa wenn Eltern ihre Kinder pflegen und gleichzeitig für die eigenen Eltern Verantwortung tragen.
Die unsichtbare Kostenlawine
Armut durch Pflege betrifft nicht nur die Betroffenen. Wenn Angehörige ihre Erwerbstätigkeit aufgeben, fehlen sie dem Arbeitsmarkt. Wenn sie selbst krank werden, steigen die Kosten im Gesundheitssystem. Wenn die Rente nicht reicht, trägt die Gesellschaft die Folgekosten.
Was helfen würde
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Bessere finanzielle Absicherung pflegender Angehöriger, etwa durch Rentenpunkte oder Pflegezeit mit Lohnersatz.
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Deckelung der Eigenanteile für stationäre und ambulante Pflege.
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Unbürokratische Hilfen, damit Betroffene nicht erst im Notfall Sozialhilfe beantragen müssen.
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Gesellschaftliche Anerkennung, die Pflege nicht als Privatproblem abtut, sondern als gesamtgesellschaftliche Aufgabe begreift.
Wenn Fürsorge arm macht
Pflege darf nicht in die Armutsfalle führen. Wer Verantwortung übernimmt und für andere da ist, darf dafür nicht mit finanzieller Unsicherheit, Schulden oder Altersarmut bestraft werden. Denn Fürsorge ist kein Luxus – sie ist ein unverzichtbarer Beitrag für unsere Gesellschaft.